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Baumblütenstadt als heimliche Geher-Metropole

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Geher
Ronald Weigel
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Weg zu Olympia-Gold?

Stand: Juni 2019

Der goldene Weg führt von Werder nach Olympia! Von der Baumblütenstadt aus werden Spitzensportler für internationale Erfolge vorbereitet!

Ronald Weigel macht sich große Hoffnung, dass seine Schützlinge die Weltspitze erreichen. Er wird im August runde 60 Jahre, was man dem drahtigen braungebrannten Ex-Spitzen-Athleten aber überhaupt nicht ansieht.
Der Werderaner betreut als Bundestrainer Deutschlands beste Geher.
Unter den dreien, die gerade die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio erreichten, sind der Werderaner Christopher Linke sowie Saskia Feige, die in Wildau Informatik studiert, und der Potsdamer Nils Brembach. Sie werden alle von Ronald Weigel trainiert.

Auf Anhieb eine Medaille
Der heutige Erfolgstrainer hat selbst eine atemberaubende Sport-Karriere hinter sich. Er stammt aus Hildburghausen in Thüringen.
„Ich wollte raus aus unserer beengenden Wohnung und habe alles gemacht, was möglich war. Ich habe Tenorhorn geblasen, war beim Schießen, habe Tischtennis gespielt und bin begeisterter Angler. Zudem hatte ich großen Ehrgeiz und wollte unbedingt Medaillen gewinnen. Bei der Spartakiade fiel mir auf, dass es beim Gehen nur zwei Teilnehmer gab. Also dachte ich, da muss ja eine Medaille drin sein und schrieb mich ein. Prompt war ich Dritter und bekam die erhoffte Medaille.“

Mit 14 Schülermeister
Bereits ein Jahr später gewann er 1973 mit gerade mal 14 Jahren die Schülermeisterschaft in Magdeburg, obwohl er als einziger ohne professionelle Förderung einer Sportschule antrat. Dies änderte sich dann schnell: „Ich wurde 1975 zur Sportschule nach Potsdam delegiert und kam gleich in die Trainingsgruppe von Peter Frenkel, der es bis zum Olympiasieger brachte“, gibt er Einblick in seine ungewöhnliche Karriere.

Universaltalent
Bereits vier Jahre später wurde er zweiter bei den JuniorenEuropameisterschaften.
Schnell machte er von sich als Universaltalent reden und ist heute noch einer der wenigen Geher, die auf der 20 Kilometer Distanz sowie auf der 50 Kilometer Langstrecke erfolgreich sind: „Ich trainiere generell für 50 Kilometer, dann bin ich auf den kürzeren Strecken ebenfalls gut“, erklärt er sein Erfolgsrezept. So wurde er 1983 Weltmeister auf 50 Kilometer, 1987 Vize-Weltmeister und gewann 1988 bei den Olympischen Spielen in Seoul Silber in beiden Disziplinen. 1992 erreichte er bei Olympia in Barcelona Bronze auf 50 Kilometer. Er ging in die Geschichte ein als der einzige deutsche Sportler, der olympische Medaillen in beiden Geher-Disziplinen erhielt.
Der Traum des kleinen Jungen hatte sich damit auf großartige Weise erfüllt.

Trophäen im Keller
Dennoch klebt Ronald Weigel nicht an diesen Trophäen. „Ich hänge mir damit keine Wände voll sondern habe sie in Kartons im Keller verstaut“, verblüfft er.
Im kleinen Reihenhaus im Kuckucksweg sind stattdessen Gemälde der Blickfang. „Man muss ja mehrere Interessen haben“, begründet er, weshalb ihn Kunst und Musik ebenfalls faszinieren.
„Ich mag Bilder der Romantik ebenso wie Kubisten und Bauhaus-Künstler“, gibt er Einblick. Daneben haben es ihm frühe Keramiken von Hedwig Bollhagen angetan.
Sohn Frederick Weigel hat wohl einige der musischen Gene abbekommen.
Der 13-Jährige ist begeisterter Pianist und beherrscht aus dem Stegreif ein Repertoire von 80 Stücken von der Klassik bis zu den Beatles.
„Ich hatte schon mehrere öffentliche Auftritte“, strahlt er und freut sich, dadurch das Taschengeld aufbessern zu können.

Sportler-Liebe
Bevor Familie Weigel 2005 in die Baumblütenstadt zog, hatte Ronald Weigel eine völlig neue Karriere begonnen. Er sorgte als Nationaltrainer in der australischen Metropole Canberra für einen beachtlichen Start der Geher.
So trainierte er die Weltklassegeher Jane Saville und Nathan Deakes, die beide olympische Medaillen gewannen. „Ich hätte dort ewig bleiben können, doch die Sehnsucht nach Deutschland wurde immer stärker“, begründet er, warum es 2002 wieder zurück in die alte Heimat ging. Schließlich wartete hier seine spätere Ehefrau Theresia Weigel, die er aus der Sportschule kannte. Sie war Leichtathletin und Mittelstreckenläuferin, wechselte dann allerdings das Metier und führt heute die „Theresia Apotheke“ in Geltow.
„In der Freizeit nimmt sie immer noch gerne an Laufwettkämpfen teil und ist kürzlich Dritte beim Halbmarathon in Dresden geworden“, ist der Ehemann stolz. Im Mai 2019 hat sie den „Firmenlauf“ in Potsdam als „Schnellste Chefin“ gewonnen.

Geher-Metropole
Als Bundestrainer hat Ronald Weigel die Verantwortung für den Erfolg der deutschen Geher. Dazu muss er häufig in Länder, von denen viele nur träumen. So gibt es regelmäßige Trainingslager in Südafrika am Rande des Krüger Nationalparks in 2 000 Meter Höhe, in Mexiko und in den USA. „Wir sind zudem gerne in Oberhof. Höhentraining ist für uns sehr wichtig.“
Dass Werder für Geher ein Begriff ist, verdankt die Stadt neben dem Gespann Ronald Weigel und Christopher Linke noch einer hübschen Kollegin. Nachwuchstrainerin Manja Berger hat sich ebenfalls für die Baumblütenstadt als Wunschwohnort entschieden.
„Damit können wir Dienstbesprechungen sozusagen über den Gartenzaun führen“, witzelt Ronald Weigel.

Erstellt: 2019